
In einer älter werdenden Gesellschaft wird die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln immer wichtiger. Krankenversicherte müssen die richtigen Hilfen erhalten, um ihren Alltag trotz Einschränkungen möglichst selbstbestimmt bewältigen zu können.
Lange konnten gesetzlichen Krankenkassen die benötigten Hilfsmittel wie Inkontinenzprodukte oder Gehhilfen ausschreiben. Bei den europaweiten Ausschreibungen bekam meist der billigste Anbieter den Zuschlag, die Qualität stand nicht unbedingt im Vordergrund. Das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) sollte ab 2017 bei Ausschreibungen die Qualität in den Vordergrund rücken. Der erhoffte Qualitätswettbewerb blieb aus. Erst mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), seit Mai 2019 in Kraft, soll sich die Versorgungssituation für die Betroffenen spürbar ändern: Ausschreibungen für Hilfsmittel (z.B. Inkontinenz- und Gehhilfen) wird es ab 01.12.2019 nicht mehr geben, sehr zum Missfallen der EU-Kommission. In der Diskussion mit Erwin Rüddel, MdB und Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit, der zu Gast beim Gesundheitspolitischen Arbeitskreis der CDU Siegen-Wittgenstein bei der Bernd Ginsberg GmbH in Eiserfeld war, wurde deutlich, dass die Bundesregierung am Ausschreibungsverbot festhalten wird. Die Betroffenen sollen weiterhin ihren Versorger unter den Vertragspartnern der Krankenkassen frei wählen können!
Die fortschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet Chancen und Herausforderungen. Das e-Rezept, insbesondere für Wiederholungsverordnungen kann die Arztpraxen entlasten. Die Herausforderung besteht darin, Heil-und Hilfsmittelversorger sowie Therapeuten zeitnah einzubeziehen. Nur so können alle Beteiligten sinnvoll und wettbewerbsgerecht an der Digitalisierung partizipieren.
Erwin Rüddel berichtete dem Arbeitskreis von den Planungen zur Einführung von Portalpraxen. Damit sollen die Notfallambulanzen spürbar entlastet werden. Die sinnvolle Verteilung der Ressourcen wird damit jedoch nicht vollständig gelöst. Die Unterscheidung ambulant – stationär verhindert weiterhin, z.B. in der Betreuung nach Operationen, sinnvolle und effiziente Abläufe. Im ambulanten Sektor gibt es einen Trend zur Anstellung. Insofern bleibt abzuwarten, wie sich das System der Kassenärztlichen Vereinigungen weiter entwickeln wird.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Rehabilitation und intensiv-pflegerischer Versorgung hat aktuell für Aufmerksamkeit gesorgt. Die medizinische Versorgung beatmeter Patienten im häuslichen Umfeld kostet mehrere Zehntausend Euro pro Monat pro Patient. Die Krankenkassen müssen die Kosten vollständig übernehmen. Auch die Versorgung der Langzeit-beatmeten Patienten auf der Intensivstation oder „intermediate care“ Station ist sehr teuer. Aus medizinischer Sicht muss daher alles getan werden, um in den Fällen, wo es möglich ist, den Patienten von der Langzeitbeatmung zu entwöhnen. Bei stationärer Versorgung im Pflegeheim müssen die Angehörigen mehrere tausend Euro pro Monat zuzahlen . Die Neubewertung der beatmungsmedizinischen Leistungen ist angezeigt, um ökonomische Anreize für die Entwöhnung („weaning“) einzuführen und falsche ökonomische Anreize für die ambulante Langzeitbeatmung, wenn der Patient entwöhnbar wäre, zu vermeiden. Außerdem ist zu fordern, dass ein fachkompetentes Behandlungsteam vor der Verlegung aus dem Krankenhaus prüft, ob der/die Beatmete von der Maschine entwöhnt werden kann. Bei vielen der Betroffenen erscheint dies möglich. Die Lebensqualität der Betroffenen ließe sich durch die Entwöhnung vom Respirator enorm steigern. Außerdem sollte ein kompetentes Team in regelmäßigen Abständen bei den ambulant Behandelten überprüfen, ob die Beatmung richtig durchgeführt wird und ob sie weiterhin notwendig ist. Für Entscheidungen für oder gegen eine Beatmung gilt als oberstes Gebot der Patientenwille. Neben einer Verbesserung der Qualität in der Beatmungspflege muss auch die außerklinische ärztliche Versorgung anhand definierter Kriterien etabliert und flächendeckend sichergestellt werden.
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