Am Donnerstag, den 06. Mai 2021 konnte der Vorstand der FU Siegen-Wittgenstein einen ersten Eindruck des Waldes der Zukunft an einem Kredenbacher Standort, dem Siegerberg, gewinnen.
Unter sachkundiger Führung des Leitenden Forstdirektors Manfred Gertz, Dr. Müller von der Waldgenossenschaft Kredenbach A und dem zuständigen Förster Martin Sorg wurden dem FU-Vorstand bei einer Exkursion in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Waldes die vielfältigen Möglichkeiten dargestellt, wie an unseren heimischen Standorten ein stabilerer Wald gestaltet und etabliert werden kann. Denn Klimawandel und massive Kalamitäten erzwingen -für alle sichtbar- kompromisslos neues Denken und Handeln in der Forstwirtschaft!
Ausgehend vom Wanderparkplatz auf der Kredenbacher Höhe ist rechts und links des Dr.-Denker-Weges auf den Privatforstflächen der Kredenbacher Waldgenossenschaft die sich wandelnde Wirtschaftsweise deutlich zu sehen. Naturverjüngung in Verknüpfung mit gezielten Anpflanzungen vermitteln Diversität. Dunkle monotone Fichtenflächen sind nicht mehr vorhanden.
Beleuchtet wurde auch die historische Situation der „Waldbauern“, die lange Zeit keine Änderungen in der Wirtschaftsweise zuließen, so dass die Fichtenmono-kulturen Usus waren und ein gutes Einkommen versprachen.
Die Überarbeitung der althergebrachten Denkmuster begann schon zu Zeiten von Dr. Denker, der damals schon seiner Zeit weit voraus war. Als Lehrer, Biologe und Haubergsvorsteher setzte er sich für den standortgerechten Waldbau ein. Erst die Kalamitäten erzwangen die forschere Umsetzung.
Der am Siegerberg schon weit gediehene Waldumbau ist an frisch modellierten Informationspfaden, die der zuständige Förster Martin Sorg in die Hänge gebaut hat, hautnah zu erfahren. Beim Durchstreifen des Geländes sind alle Sinne angesprochen. Die Pfade abseits des Hauptweges machten die regennasse Exkursion zum Vergnügen.
Herr Dr. Müller berichtete über den Betrieb der Waldgenossenschaft, die 157 ha mit 60 Anteilseignern, dabei sind auch Frauen, bewirtschaftet. Durch Kyrill (2007) hart getroffen, verlor die Genossenschaft einen großen Anteil des Fichtenbestandes. Dr. Müller und Förster Martin Sorg erarbeiteten Hand in Hand neue standortgerechte Bewirtschaftungskonzepte und setzten diese nach und nach um. Gezielter Mischwald und Naturverjüngung waren und sind das Ziel.
Es mussten 80.000 m2 neugestaltet werden: heute stehen im Bestand 51% Laubholz und 49% Nadelholz (Küstentanne, Lärche, Fichte, Douglasie, Buche, Eiche, Esskastanie).
Anstatt der 10 gesetzten Baumarten pro Planfläche, gedeihen aktuell um die 20 Baumarten im Bestand. Dr. Müller ist darüber begeistert: „Die Natur hat viel dazugegeben. Die Selbstheilungskräfte sind sehr wirksam!“
Zusätzlich zum gepflanzten Portfolio finden sich Zitterpappel, Birke, Eberesche, Eibe, und naturverjüngte Fichte darf ebenfalls stehenbleiben.“
Anhand einer größeren und damit älteren Baumscheibe einer Walnuss wurden die Vorständinnen der FU von Dr. Müller auf ihr Bio-Wissen geprüft: Wie funktioniert das Wunderwerk Baum und welche Auswirkungen des Waldes auf das globale Klima, Mikroklima und den Standort bzw. die Region sollten wir alle kennen. Wir sind sicher, diesen Test haben wir gut bestanden!
Neben den erfrischenden historischen und biologischen Exkursen der Referenten waren die an den angelegten Waldpfaden aufgestellten Präsentationsflächen mit vergleichenden Schaubildern zusätzlich sehr informativ.
Die tierischen Einflüsse auf den Wirtschaftsraum Wald wurden ebenfalls aufgezeigt. Wildverbiss und eine daraus resultierende Verbuschung der Bäumchen, Fegeschäden, Schwersamenfraß durch Schwarzwild, aber auch die Unterstützung bei der Verbreitung der Baumsamen durch Vögel wurden sichtbar. Feldhasen ziehen umweltbedingt vermehrt in den Wald, der Bestand wächst. Rehwild ist kein Kostverächter, es probiert alles und kann durch Verbiss hohe Schäden verursachen. Die nach Kyrill angelegten Wildäsungsflächen und Schussschneisen sind für ein zielgerichtetes Wildmanagement unerlässlich.
Dass die Jahrzehnte lang als Monokultur genutzte Fichte, als Baumart des borealen Nadelwaldes, schon seit längerem ein Verlierer des Klimawandels ist, ist bekannt. Artenvielfalt und Mehrnutzen sind das Gebot der Stunde. Beim Um- und Ausbau des Waldes mit seinen vielen auch auf das Gemeinwohl bezogenen und gesellschaftlich relevanten Funktionen ist heute sicher mehr zu beachten als in der Vergangenheit. Der Wald gibt den Baustoff Holz, ist CO2-Speicher, Sauerstoff- und Schattenspender, dient der Bodensicherung, ist Wasserreiniger, dient der Möbelindustrie sowie der Papierherstellung, ist Freizeitstätte, Klimaanlage, Gesundheitsbrunnen und vieles mehr. Der Wald ist „ÜberLebensraum“ von Tier und Mensch. Er braucht uns nicht!
NRW hat ein liberales Waldgesetz, die Besitzer sind frei in ihren unternehmerischen Entscheidungen. Finanzielle Unterstützung erhalten sie, wenn sie Landesvorgaben zur modernen standortgerechten Walderneuerung umsetzen.
Da die Ansprüche der menschlichen Gesellschaft an den Wald wachsen und die Einnahmen durch die Holzvermarktung derzeit sinken, werden auch neue Einnahmequellen
diskutiert. Neben der Holzvermarktung wurde kürzlich in Berlin eine CO2-Abgabe gefordert. Kühlfunktion und Wasserreinhaltung sowie die starke Freizeitnutzung werden ebenfalls angeführt.
Daseinsfürsorge und Gemeinwohlorientierung gibt es dabei im Bereich des Staatswaldes.
Menschen, die den Wald unternehmerisch nutzen und gleichzeitig wertschätzen, haben auch Ideen zum Wald der Jetztzeit und der Zukunft. Forstdirektor Gertz: „Ob die Natur das zulässt und annimmt, das ist hier die Frage. Werden sich die Neubürger des Waldes, die für manche Spätheimkehrer (Douglasie und Küstentanne) sind, an den Standorten bewähren?“
Unsere Nachfahren werden es berichten, die Überprüfung findet erst in der nächsten oder übernächsten Generation statt. Oder bei der nächsten Kalamität.
Um das Ökosystem Wald besser verstehen zu können ist eine solche Begehung mit Wissensvermittlung von großem Nutzen. Der nächste Gang durch den heimischen Wald erfolgt viel bewusster und neues Wissen kann weitergegeben werden.
Die Vorsitzende der FU Deborah Amazu bedankt sich herzlich bei den drei Referenten, die dem Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen oder der Waldgenossenschaft Kredenbach A angehören.
Der geführte Rundgang ist Empfehlenswert!
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