Offener Brief der CDU-Kreistagsfraktion an den NRW-Umweltminister Oliver Krischer

08.11.2022

Wiederansiedlung von Wisenten im Rothaargebirge

Sehr geehrter Herr Minister Krischer,
eines der bedeutendsten Artenschutzprojekte der letzten Jahre in Deutschland, die Wieder-ansiedlung der Wisente im Rothaargebirge, ist in enger Abstimmung mit dem Land Nordrhein-Westfalen erfolgt. Ein entsprechender öffentlich-rechtlicher Rahmenvertrag wurde dazu abgeschlossen, im Dezember 2012 konnte „grünes Licht" gegeben werden.
Dem gingen zahlreiche Machbarkeitsstudien und Untersuchungen voran; das für Europa einzigartige Artenschutzprojekt wird bis heute wissenschaftlich begleitet.
Vor seiner Ausrottung gehörte der Wisent zur einheimischen Tierwelt und erfüllte im Öko-system als großer Pflanzenfresser eine wichtige Funktion, die danach unbesetzt blieb. Die Wiederansiedlung sollte diese Lücke schließen und zum Ausbau einer intakten Umwelt beitragen blieb. Der Wisent steht bekanntlich nach wie vor auf der Roten Liste der weltweit bedrohten Tierarten.
Öffentlich wird aktuell seitens des Umweltdezernenten des Kreises Siegen-Wittgenstein „ein geplanter Abbruch" des Projektes verkündet. Es entsteht dabei der Eindruck, dies sei ab-schließend mit dem Land Nordrhein-Westfalen abgestimmt.
Diese Haltung und diese Vorgehensweise rufen bei uns große Verwunderung hervor. Auch deshalb, weil keine politischen Gremien des Kreises bislang mit der Problematik befasst wurden, sie weder eine Empfehlung oder Beschlüsse fassen konnten.
Durch Medienberichte ist bekannt geworden, dass einem vom Trägerverein formulierten Anpassungsbegehren der vertraglichen Vereinbarungen nicht zugestimmt wurde.
Wir erbitten von Ihnen, sehr geehrter Herr Minister Krischer, um Auskunft, wie sich die Haltung des Landes zu dem Artenschutzprojekt tatsächlich darstellt und welche Über-legungen und Vorstellungen bei Ihnen für die zukünftige Entwicklung bestehen.
Wir rufen gerne in Erinnerung, dass es sich bei dem Projekt nicht nur um ein international hoch beachtetes Naturschutzprojekt handelt, sondern damit auch eine einzigartige touri-stische Profilierung für Südwestfalen erreicht werden konnte.
Unabhängig vom rechtlichen Status der freigesetzten Wisent-Herde muss deren faktische Betreuung jetzt ganz aktuell mit im Blick sein. In dem Gutachten zum Artenschutzprojekt "Wisente im Rothaargebirge" der Tierärztlichen Hochschule Hannover vom August 2021 wird ein Managementplan u. a. mit den Teilbereichen Herdenmanagement (Regulation der Populationsgröße). Populationsmanagement (internationaler Austausch von Tieren, Zuchtbuch) oder Schadens- und Konfliktmanagement angeregt. Darüber hinaus weist es auf eine ge¬zielte Winterfütterung zur Herdenlenkung und zum Schutz schälgefährdeter Baumbestände hin.
Auch hierzu ist uns wichtig, Ihre Einschätzung zu erfahren, wie unter Mitwirkung des Landes hier sehr bald Lösungen gefunden werden können. Es geht um die Gewährleistung eines funktionierenden aktiven Wildtiermanagements, für das Experten einen Beginn mit der bevorstehenden Winterfütterung sehen.
Bekannt geworden sind die Bereitschaft einer sogenannten Wisent-Allianz, zu der sich auch der Zoo Köln und die Deutsche Wildtierstiftung bekennen, ebenso wie anerkannten Natur-schutzverbände, die sich lösungsorientiert an dem Projekt zu beteiligen bereit erklären. Denkbar ist, Land- und Forstwirte der Region in das örtliche Wildtiermanagement bzw. in die erforderlichen Lenkungsmaßnahmen einzubinden.
In der Bevölkerung, so zeigen veröffentlichte Umfragen regionaler Medien (WESTFALEN-POST). genießt das Wisente-Naturschutz-projekt eine hohe Popularität, das überregionale Interesse vieler Besucherinnen und Besucher dokumentiert ebenso, wie wichtig den Menschen dieses aktive Kümmern um den Artenschutz ist.
Wir können uns eigentlich nicht vorstellen, dass sich das Land Nordrhein-Westfalen davon distanzieren sollte und erwarten auch durch Ihre Expertise und durch Ihren Einsatz einen positiven Beitrag zur Erhaltung des Wisent-Projektes.
Für Ihre Antwort und Ihre Initiativen schon jetzt besten Dank.